18. Jahrhundert

Organisation und Schützenfest der Antoni-Brüder im 18. Jahrhundert
von Hans-Peter Boer (C)

Das Pestjahr 1609 gilt ganz allgemein als Gründungsjahr der St. Antoni-Bruderschaft. Hierbei ist jedoch zu bedenken, dass zunächst nur von einer ganz spontanen und intensiven Antoniusverehrung auszugehen ist. Organisatorische Formung erhielt die Gemeinschaft erst 1615 und 1626. Im erstgenannten Jahr beschloss man, der Antoniusverehrung feste regeln und einen Festtag zu geben, 1626 dagegen wurde „mit Consens eines zeitlichen Bischofs von Münster eine Confraterintas oder Gilde unter dem Schutze und Namen des großen und heiligen Abts Anton errichtet“.

Bevor wir uns nun dem reichen Schützenbrauchtum der Bruderschaft zuwenden, wäre diese ihre Organisation genauer zu betrachten. Wenn man unterstellt, dass 1609 das ganze Kirchspiel sich dem Seuchenpatron Antonius zuwendet, so bedeutet die Gründung einer eigenen Bruderschaft natürlich schon eine Auslese. Sicherlich wird nicht jeder Bewohner des Dorfes und Kirchspiels Mitglied der Bruderschaft geworden sein. Deutlich nämlich das Bemühen um Abgrenzungen. 

Spätestens die Satzung von 1753 – sie spiegelt aber auch schon die älteren Verhältnisse wieder – schreibt recht genau vor, wie man sich das Leben und Wirken der Bruderschaft vorzustellen hatte. Schon die Aufnahme in die Bruderschaft erfolgt nach genau festgelegtem Verfahren:

„8 mo. Wenn einer verlangt, in diese Bruderschaft eingeschrieben und unter den Schutz und die Fürbitte des heil. Abtes Anton mit angenommen zu werden, um so der guten Werke mit teilhaftig zu werden, der soll sich persönlich beim ältesten Gildemeister melden; dieser soll solches den sämtlichen Brüdern melden, und sich erkundigen: ob der Angemeldete ehrliche geboren, eines guten Handels und Wandels sey; wenn dies, kann er angenommen werden; jedoch mit dem ausdrücklichen Vorbehalt, dass, wenn von seinen Eltern keiner in einer Bruderschaft gewesen, er 14 Schillinge zur Verbesserung der Gilde, falls aber einer seiner Eltern darin gewesen, 4 Schillinge gebe.“

Übrings war ein Austritt aus der Bruderschaft auch möglich, dann jedoch sollte der sich verabschiedende Bruder ebenfalls 15 Schilling hinterlegen. Solange das nicht geschehen war, konnte man auch den Zechbeitrag zum Schützenfest von ihm fordern und ihn zu den Veranstaltungen der Bruderschaft aufbieten. Bei der strengen gesellschaftlichen Struktur der früheren Jahrhunderte dürfen wir den sozialen Druck der kleinen Gemeinschaften nicht unterschätzen, freie Vereinswahl oder Entscheidungen über Beteiligungen oder Nichtbeteiligungen am Schützenfest oder Prozessionen und Begräbnissen gab es im heutigen Sinne nämlich nicht. Ausdrücklich bestimmte die Satzung ja auch, dass jedem neuen Mitglied der gesamte Text vorzulesen war, wenn es in das Bruderschaftsbuch eingeschrieben würde. Auch hatte der Bewerber ein Versprechen abzulegen. Die Treue zur Bruderschaft war durch die klaren Ordnungen garantiert. 

Auch wenn leider das Bruderschaftsbuch von 1662 und damit die Mitgliederlisten verschollen sind, so lässt sich doch zumindest seit dem 18. Jahrhundert erschließen, dass die Mitgliedschaft der Nottulner Confraternitas sozial eng umschrieben war. Zu ihr gehörten vor allem die wohlhabenderen Bauern aus den umliegenden Bauernschaften, die größeren und mittleren Bauern im Dorf, die Kaufleute und Handwerker. Nicht nachweisbar sind in erhaltenen Listen z. B. die landlosen Kötter, Tagelöhner und die Armen. Diese Gruppen – einmal als das „gemeine Volk“ bezeichnet – konnten sicherlich Anteil nehmen an Gottesdienst und Antoniusverehrung, jedoch nicht an den Aufzügen, Festen und internen Veranstaltungen der Bruderschaft.


Die Leitung der Bruderschaft im 18./19. Jahrhundert

Die von Albert Wilkens gerettete Satzung von 1753 gibt die genauen Regelungen sehr treffend wieder. Sie mögen hier wörtlich wiedergegeben und damit dokumentieren, wie sehr schon das alte Genossenschaftswesen doch stark demokratische Prinzipien walten ließ, wenn auch nur innerhalb der eigenen eng umschlossenen Gruppe:

10 mo. Sollen und wollen wir jedes Mal zwei Gildemeister haben; und soll dem ältesten die Bruderschaft und sonst Alles, was der Gilde gehört, anvertraut werden. Derselbe soll auch verordnen: wie am Besten und zu Gottheil der Gilde könne überlegt werden; drei oder vier der ältesten Brüder genehmigen dieses.

11 mo. Sollen und wollen wir die Gildemeister jährlich verändern, und folgender Gestalt die Wahl vornehmen: 

Die Gildemeister sollen jeder zwei, als einer zum ältesten und den andern zum jüngsten aus den Brüdern benennen; hierauf sollen acht eigens von den Brüdern erwählte Brüder (Korgenossen) aus den vier ernannten zwei wählen. Diese acht treten alleine in ein Zimmer und wählen nach ihrem Gutdünken, auf Gewissen, Gutachten und Verantwortung, mit Hintansetzung der Freund- und Feindschaft, des Hasses, der Gunst, und sonst Alles nach ihrem Gewissen, die Gildemeister, auch die Schäffer, welche dazu tauglich sind, und ihnen am tauglichsten zu seyn scheinen aus den Mitbrüdern. Der Schäffer schreibt sodann die Namen auf; verkündigt sie öffentlich den Brüdern und Schwestern. Während dieser Zeit stattet der älteste Gildemeister vor den Brüdern die Rechnung ab; worauf richtig quittiert wird…“

Die Gildemeister hatten sich um alle Belange der Bruderschaft zu kümmern, den Terminkalender zu führen und die Bruderschaft aufzubieten, wenn es sich als notwendig erwies. Sie hatten darauf zu achten, dass alles erfolgte „wie es das Gesetz vorschreibt“. Auch hatten ihnen und ihren Anweisungen alle Antoni-Brüder streng zu folgen. Die Gildemeister fällten letztlich auch die Entscheidung über Aufnahme und Nichtaufnahme eines Bewerbers und fährten die Aufsicht über die Bücher und Geldgeschäfte der Bruderschaft. Jeweils der Älteste Gildemeister war zugleich auch der Rechnungsführer, der der Vollversammlung einmal im Jahr die Rechnungslegung geben musste. Wie schon die Statuten selbst es bescheinigen, hatte die Bruderschaft im Laufe der Jahrzehnte einige Kapitalien angesammelt, die man jeweils für 6% ausgeliehen hatte, um mit den Zinsen die laufenden Kosten zu decken. 1753 waren dies immerhin 6 Kapitalien von zuammen 150 Reichstalern. 

Nach den Gildemeistern sind die Schäffer erwähnenswert:
„Sie sind die Vollzieher der Gesetze und müssen Ordnung und Ruhe halten bei Andachten und Erlustigungen. Sie müssen die Herren Geistlichen einladen und aufwarten, und sorgen, dass sie Tabak und Bier erhalten; ferner das Gildebier bei der gnädigen Frau Äbtissin prüfen lassen und ihre Mägde zum Tanz einladen.“ Der Jüngste Schäffer hatte zudem das gesamte Benachrichtungswesen in der Bruderschaft zu übernehmen. 

Neben diesen mehr „zivilen“ Posten ist die militärische Leitung beim Schützenfest erwähnenswert. Der „Kommendant“ ist beim öffentlichen Auftritt der „eigentliche Anführer“ der Bruderschaft. Er führt die Schützen zur Vogelstange und wird ebenfalls durch die acht Korgenossen gewählt. Die Fahne der Bruderschaft wird vom Fähnrich „bei Prozessionen und anderen Feierlichkeiten das Jahr hindurch“ getragen. An den Tagen der Lustbarkeit muss er auch den Fahnenschlag vollziehen vor den Ortsbehörden. Diese Ehrung kam wohl im 19. Jahrhundert außer Gebrauch. Zudem ist natürlich Musik vonnöten. 1743 schenkte „Herr August Ferdinand Rübendahl aus Münster“ der Bruderschaft eine neue Trommel, die Satzung von 1753 forderte ausdrücklich den Zug der Bruderschaft zur Vogelstange unter Trommelschlag. Albert Wilkens benennt 1823 den Tambour Caspar Niemann und berichtet von zwei Musikanten und dem Trompeter, die beim Schützenfest zechfrei sind.

Die Königswürde wurde wie heute noch einmal im Jahr beim Schützenfest vergeben: „Der König gelangt durch Abschießen des Vogels von der Stange zu seiner Würde. Der alte König tut, nach vorhergehendem Gebet und Ermahnen zur Vorsicht mit den Gewehren, den ersten Schuss. Bei der Zeche und auf dem Tanze erhält der neue König königliches Ansehen; trägt einen silbernen Vogel, und seine Kette mit vielen Schildern, welche er an den Gildemeister wieder ausliefern muss; erhält einen neuen Hut und wird mit Musik des Abends nach Hause begleitet.“

Interessanterweise kannte die Antoni-Bruderschaft noch den Schenken, eine Art Königsdiener, der bei der Tafel aufwarten durfte und außerdem der Magd des Gastwirtes schenken helfen musste. Der Schenk hatte um 1800 ebenfalls freie Zeche und erhielt für seine Tätigkeit sieben Schillinge.

Wie in allen alten Gesellschaften früherer Zeit spielte der Senior, das älteste Mitglied also, eine besondere Rolle. Er war Garant dafür, dass alles alte Brauchtum und die gewöhnlichen Rituale unverändert abliefen und stand der Bruderschaft in allen Fragen mit Rat zur Seite. Grundsätzlich gehörte der Senior zu den acht Korgenossen und wählte also die Gildemeister, Schäffer und Offiziere mit. Wichtig war auch noch die Bestimmung, mit Streitfällen niemals vor irgendwelche Gerichte zu gehen, vielmehr alles in der Bruderschaft zu regeln. Diese hatte also intern eine gewisse Ordnungs- und Polizeigewalt, was die Exklusivität wieder erhöhte.

Diese Organisation der Bruderschaft hat in Nottuln bis zum Jahre 1838 Bestand gehabt. Damals entschloss man sich – wohl auch unter dem Einfluss des aktiven Bürgermeisters Müller – dazu, einen permanenten Vorstand von acht verdienten Mitgliedern zu begründen, dem ein Direktor vorangestellt werden sollte. Ebenfalls übernahm man im Laufe des 19. Jahrhunderts die preußische Ordnung bei den Offizieren und der Gestaltung des Schützenzuges, so dass das Schützenfest sein bis heute gültiges Bild bekam.


Die alte Folge des Antoni-Schützenfestes

Die heutige Zeit kennt die St. Antoni-Bruderschaft überwiegend als Schützenbruderschaft, da ihre sonstigen Aufgaben und Prägungen zumeist überdeckt worden sind durch Brauchtumswandel und gesellschaftliche Veränderungen. Das Schützenfest gehört eindeutig von den frühen Tagen der Bruderschaft als weiteres wesensbestimmendes Element hinzu und ergänzte Antoniusverehrung und Totembrauchtum um die weltliche Variante der Lustbarkeit.

Bis auf den heutigen Tag knallen an den Tagen „tüsken Saien und Maien“ landauf landab im ganzen Münsterland die Büchsen, zeihen die Schützengesellschaften durch Stadt, Dorf und Bauernschaft zu ihren Vogelstangen und geiern teils urtümlich Feste. Die Wurzel dieser Festesfreude liegt allerdings in ganz profanen Bemühungen der Landesherrschaft. In den wirren Verhältnissen der frühen Neuzeit hatten die kleinen Länder keine Möglichkeit, ein eigenes stehendes Heer zu unterhalten, so bemühte man sich, zu Verteidigungszwecken die gesamte Bevölkerung heranzuziehen, auszurüsten und in den Waffen zu üben. Dabei verbanden sich natürlich diese Übungen als angenehme Unterbrechungen des Alltages sehr schnell mit froher Festivität. Eine „Gemeine Münsterische Landesordnung“ aus dem Jahre 1571 forderte zum Beispiel, dass das „Vogelschießen an einem jeden Orte des Jhars einmall beschehe, doch dass niemand auß frembden Bawrschafftenn dazu geforderte: und je auff Zwantzig Personen eine Tonne Keuts oder Biers und mit mehr angeschlagen oder bestalt werde. Soll auch solche Gesellschaft lenger nit alß einen Nachmittag wehren und ein jeder bei Tag zeitlich widerumb gen Hauß begebenn“.

Unter dem kriegerischen Landesherrn Christoph Bernhard von Galen, der von 1652 bis 1661 im benachbarten Coesfeld residierte, wurden Bestimmungen herausgegeben, nach denen alle männlichen Untertanen auf dem Lande verpflichtet waren, sich an jedem Sonntagnachmittag unter der Leitung des Kirchspielführers in den Waffen zu üben. Aufgeboten wurden dazu alle Männer zwischen dem 16. und 60. Lebensjahr. 

Trotz allen martialischen Tuns haben das Schützenfest und speziell das Vogelschießen schon sehr früh eher den Charakter einer Lustbarkeit denn den militärischer Übung bekommen. Es ist das Hochfest im Leben eines Dorfes, die einzige Abwechslung weltlicher Art, die neben den zahlreichen Kirchenfesten von Bedeutung ist. Hier kann eine Gemeinschaft aus Dorf oder Bauernschaft sich selbst geschlossen darstellen und tüchtig feiernd die Sorgen des Alltages vergessen. Und so gehörten auch im Leben der Antoni-Bruderschaft zu Nottuln die Tage der Schützenfestes genauso zum Jahreskreis dazu, wie die Antoniusverehrung und das regelmäßig wiederkehrende Totembrauchtum. Die Satzungen aus dem Jahre 1753 sind für die volkskundliche Forschung ein Glücksfall, belegen sie doch in Form einer genauen Schützenfestordnung, wie wir uns diese kleine dörfliche Feier im 18. Jahrhundert vorstellen können. Faszinierend ist es auch zu sehen, dass zahlreiche Elemente dieser alten Zeit sich noch heute im Ablauf des Schützenfestes wiederfinden lassen. Stellen wir uns nun im Folgenden ein solches Fest einmal vor, so wie es die Statuten von 1753, die Abrechnungen und andere Quellen wiederspiegeln. 

Termin des Schützenfestes war immer „Mittsommer“, der Tag des Heiligen Johannes Baptista (24. Juni), ein auch im übrigen Münsterland geschätzter Termin. Die Frühjahrsarbeiten in Feld, Garten und Wald waren abgeschlossen, man wartete auf die Ernte und hatte Zeit. Am Sonntag vor Johann ließ der Älteste Gildemeister ein Publikandum in der Kirche verlesen, in dem alle Mitbrüder zum Feste aufgeboten wurden. Der Prediger erhielt für das Publikandum übrigens 1 Schilling und 2 Deut.
Am Johannistag selbst kamen dann die Schützen mit Gewehr, Pulver und Kugeln am bezeichneten Gasthause zusammen, und zwar nach dem nachmittäglichen Gottesdienst, der wohl in Form einer Andacht (Christenlehre) gehalten wurde. Im Gasthaus begann man dann schon vor dem Auszug mit einer kleinen Zeche. Exakt eine Tonne Bier (135 Liter) durfte getrunken werden, während die Gildemeister anhand des Bruderschaftsbuches die Anwesenheit kontrollierten. Wer beim Vogelschießen unentschuldigt fehlt, verfiel in eine Strafe von einem Scheffel Gerste zugunsten der Bruderschaft. Diese Gerste war sicherlich fürs Brauen im nächsten Jahr bestimmt. 

Nach der Anwesenheitskontrolle zog die Bruderschaft „zwei und zwei unter Fahne und Trommelschlaf nach der Stange“. Hier wurde der Vogel aufgesetzt und die Stange von den jüngsten Brüdern hochgezogen. Anschließend wurde wie heute noch ein gebet gesprochen, „dass der Herrgott uns vor Schaden bewahren möge“. Dem folgte die Ermahnung, ein jeder solle sein Gewehr wohl beachten und in die Höhe halten. Ermahnung und Gebet waren bei der Waffentechnik der Zeit doch vonnöten, zahlreich sind die Berichte von Unfällen beim Schießen. Der König tat übrigens wie heute auch noch den ersten Schuss auf den neuen Vogel. Schon 1753 wurde die Strafbestimmung verkündet, dass niemand den Vogel abschießen dürfe, der nicht Mitglied der Bruderschaft sein. Ein Frevler verlor noch auf dem Platz sein Gewehr und hasste eine Tonne Bier als Strafe zu bezahlen. Natürlich wurde dann der Vogel wieder aufgesetzt.

Nach dem Königsschuss erfolgte eine Salve zu Ehren des neuen Regenten, danach zog man in gewohnter Form zurück zum Gasthaus. Spätestens für 1823 ist dann auch der Fahnenschlag vor der „geistlichen und weltlichen Obrigkeit“ bekannt, der man damit die Reverenz erweisen wollte. Der älteste Schäffer hatte sodann die Aufgabe, der Frau Äbtissin von Nottuln eine Kruke Bier zu bringen „zur Probe, ob das Bier gut und gefällig sei“, und auch ihre Mägde zum Tanze einzuladen. Ebenfalls wurde den Ortsgeistlichen die Aufwartung gemacht, „um die Bruderschaft verzieren zu helfen“. Die Geistlichen erhielten auf dem Fest Pfeife, Tabak und Bier vorgestellt. Bei der Äbtissin, die ja zugleich Archidiakon für Nottuln war – Inhaberin der geistlichen Aufsicht also -, hatte der Schäffer noch die Erlaubnis zum Läuten einzuholen. Üblich war es nämlich, dass die jüngsten Brüder am Abend des Johannistages eine Stunde läuteten, zudem wurde am folgenden Morgen „in drei Pausen gebäuert“. Bei diesem Läuteverfahren wurden die Klöppel der drei Glocken an die Glockenkante gezogen und mit Hilfe von Pedalen in monotonem Rhythmus angeschlagen. Eine Pause dauerte ca. zahn Minuten und leistete die akustische Vorbereitung für den Gottesdienstbesuch. 

Ohne Zweifel wurde der Abend des Johannistages mit einem Tanz gestaltet, der sich jedoch nicht bis zur Mitternacht erstrecken sollte. Ungefähr gegen 9 Uhr des Abends hatte der Älteste Schäffer auf Befehl des Gildemeisters an das Bierfass zu klopfen. Wenn dann noch etwas eine halbe Tonne vorhanden war, wurde der König von einigen der jüngsten und ältesten Brüder nach Hause geleitet, jedoch nur unter Trommelschlag und Mitnahme eines Trunkes Bier, den der Schenk zu tragen hatte. Um diese Bestimmung streng einzuhalten, ging auch der jüngste Schäffer als Aufsicht mit, er hatte nämlich die „Kinder und nicht zur Gilde gehörende“ zu vertreiben. Sobald dann im Gasthause die halbe Tonne Bier verzehrt war, gingen die übrigen Festteilnehmer nach Hause, „um so den folgenden Morgen in der Kirche beim Gottesdienst gehörig erscheinen zu können; hiermit wird für den ersten Tag der Keller geschlossen“.

Am zweiten Tag des Festes eröffnete das Geläut das Treffen am Gasthaus, das übrigens stets auf 7 Uhr früh festgelegt war. Vom Gasthaus aus ging man gemeinsam mit den Frauen zum Gottesdienst. Liturgischem Brauch der Zeit entsprechend wurden drei Messen nacheinander gefeiert, eine Predigt, der alle andächtig folgen sollten, wurde ebenfalls gehalten. „In der Predigt sollen alle am Mehrsten zur brüderlichen Lieben, zum Frieden und zur Einigkeit ermahnt werden; damit alle Uneinigkeit, Streit und Zwiespalt, einherzlich mögen ablegen; nur zu Notdurft trinken, sich nicht Vollsaufen, sondern in aller Ehrbarkeit sich lustig machen; brüder- und schwesterlich leben, und sich aufführen, auf dass sie nach diesem Leben durch die Fürbitte des h. Anton die ewige Seligkeit erlangen mögen, dass die Einverleibten für die Abgestorbenen beten mögen.“

Nach dem feierlichen Gottesdienst erfolgten wohl Frühschoppen und gemeinsames Mittagessen. Für den Nachmittag des zweiten Tages wurden die Ehrengäste wieder geladen, darunter auch die „Jungfern“ des Herrn Geistlichen. Wieder erhielten die Geistlichen besondere Aufwartung und bekamen Pfeifen, Tabak und Bier: „Keiner soll sich unterstehen, von vorgemeldeten Pfeifen, Tabak und Bier, so auf dem Tische vor den Herren Geistlichen vorhanden, zu nehmen; ebenso soll sich keiner bei denselben niedersetzen, es wäre dann jemand, der da von dem Gildemeister verordnet wäre, den Herren Geistlichen Gesellschaft zu leisten in aller Ehrbarkeit und Gelassenheit“. 

Natürlich ging es auch ausgelassen zu, wenn man mal einen über den Durst trank. Kam es aber zu „Zank, Zwiespalt oder Uneinigkeit“, so wurde der Störenfried aus der Festgesellschaft gewiesen. Wurde keine Abbitte geleistet, verfiel er einer Strafe, die mit dem Ausschluss aus der Bruderschaft zu enden pflegte. Bei kleineren Verstößen wurde ein altes Strafgericht verfügt: „Wenn es sich zutrüge, dass jemand ein Gezänk oder Streit bei Zusammenkunft der Gilde haben oder verursachen würde, der soll noch, wie vom Anfange her geschehen ist, seine Fuß in ein Küven voll Wassers setzen, und ein Glas Bier zur Versühnung trinken; und ist dies geschehen, so soll keine fernere Strafe erfolgen.“

Am Abend des zweiten Tages klang dann das Fest aus:

„Den andern Tag, wenn das Bier verzehrt ist, soll einer dem andern den Frieden wünschen mit dem Versprechen: das, wenn Gott sie erhalten würde, sie sie künftiges Jahr also wieder zusammen kommen, sich in Not und Tod getreu beistehen und die Bruderschaft wieder verzieren helfen wollen“.

Der König erhielt zum Zeichen seiner Würde einen neuen Hut, der wohl mit einem Blumenkranz geschmückt war. Zum steten Andenken an seine Würde stiftete er aber auch ein Schild zur Königskette, die auch bei der Nottulner Bruderschaft als wichtigstes Zeichen den Silbervogel trug. Diese ist im Laufe der Jahrhunderte die volkskundlich schönste Quelle Nottulner Schützenbrauchtum geworden. 
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